Auswirkungen des Aufstands
Geschrieben von: Gabriele Kästele   

Bevölkerung

Nach dem grausamen Vorgehen der Soldaten rechnete man weiterhin mit der gewohnten Erbarmungslosikgkeit der Administration. Die sagte aber den am Aufstand Beteiligten (außer den Rädelsführern) Gnade zu. Kaiser Joseph I. der auf den inzwischen verstorbenen Kaiser Leopold I. gefolgt war, zeigte Verständnis für die Klagen der Landbevölkerung. Nur Urheber und Anführer, die nicht zur ländlichen Bevölkerung gehörten und also keine allzu großen Drangsale erlitten, seien mit aller Schärfe abzuurteilen.
 
Der Helfendorfer Benefiziat Michael Bayr hatte im Sterbebuch bei der Auflistung der ortsansässigen Opfer noch hinzugefügt : „Wir hoffen, dass sie alle fromm im Herrn gestorben sind, denn die meisten haben nicht freiwillig und aus überlegter Bosheit zu den Waffen gegriffen, sondern sie wurden von den Amtleuten gezwungen, die wiederum von anderen verführt worden sind.“
Ähnliche Entschuldigungen finden sich auch in Sterbebüchern anderer betroffener Gemeinden. Man versuchte die Einzelpersonen und vor allem ihre überlebenden Familien zu schützen. Der auf den verstorbenen Kaiser Leopold folgende Kaiser Joseph hatte angeordnet, gnädig vorzugehen und nur Urheber und Anführer des Aufstands abzuurteilen, wenn sie nicht zur ländlichen Bevölkerung gehörten und nicht vorgeben konnten, dass sie durch allzu große Beschwerden und Drangsale zur Verzweiflung getrieben worden seien. Insgesamt war man sich in den Kreisen der Seelsorger sehr wohl der absoluten Notwendigkeit dieses bewaffneten Aufbegehrens bewusst.
Allerdings notierten viele weniger mutige Pfarrer eine kritische Bewertung der Erhebung, da sie selbst ja noch am Vortag des Angriffs auf Weisung ihrer Dekane eine Warnung vor einem allgemeinen Aufstand von der Kanzel vorgetragen und die unausbleibliche Strafe Gottes angedroht hatten.
 
Der bayerische Volksaufstand war  rasch beendet, im Ergebnis aber nicht  völlig erfolglos. Ab Februar 1706 wurden endlich die Zwangsrekrutierungen durch die vorher üblichen Werbemaßnahmen ersetzt. Die bayerische Administration hatte wieder die Vollmacht, gegen Exzesse und Zügellosigkeiten des Militärs einzuschreiten. Die Abgabenlast aber blieb  bis zum Ende des Kriegs gewaltig, obwohl Belastungen durch Truppendurchmärsche  bis auf ein unabwendbares Maß reduziert worden waren.
 

Das Fürstenhaus

Der ganze Ruhm, den sich Max Emanuel noch vor dem spanischen Erbfolgekrieg erkämpft hatte, war teuer erkauft. Schon im Türkenkrieg, also vor dem Spanischen Erbfolgekrieg hatte er für seinen militärischen Ehrgeiz 30 000 Landessöhne und 15 Millionen Gulden hingeopfert. Der Lohn war damals die Anwartschaft auf die Niederlande. Jetzt war aber ganz Bayern verloren. Das Unglaubliche war, das sich für diesen Herrscher, dem nach den Bekenntnissen seines Bruders ein Heustadel in Belgien mehr wert war als in Bayern eine ganze Stadt, die Bauern erhoben. Unterdessen schlug er sich an der Spitze französischer Armeen in Flandern herum, verlor auch noch die Niederlande. In Verhandlungen mit den Seemächten wäre er sogar noch bereit gewesen, die Stammlande Bayerns gegen Sizilien und die Niederlande daranzugeben. Der Kurfürst  selbst hatte nur sehr spät und äußerst unzureichend vom Volksaufstand erfahren. Eigentlich musste er als Monarch jedwede Auflehnung gegen die Obrigkeit ablehnen, hoffte andrerseits, dass der Kaiser dadurch geschwächt werde. Der Aufstand war aber niedergeschlagen worden noch bevor  zu den Aufständischen Kontakt hergestellt werden konnte.
Im Mai 1706 wurden die vier ältesten kurfürstlichen Prinzen nach Klagenfurt gebracht, 1712 der letzte in München verbliebene Prinz und die Hofhaltung nach Graz gebracht, damit sich in München kein patriotischer Unruheherd mehr entwickeln konnte. Im April 1706 wurde gegen den Kurfürsten die Reichsacht ausgesprochen, er verlor seine Ämter.
Nach dem Tode Kaiser Joseph I. im April 1711 änderte sich die Lage. Auf Fürsprache Ludwig des XIV. kehrte 1715 Max Emanuel wieder als Kurfürst nach Bayern zurück. Bis zu seinem Tode 1726 beendete er den schon 1701 begonnen Bau des neuen Schlosses Schleißheim und das Schloss Fürstenried, baute Nymphenburg um, holte Cuvillies und mit ihm das Rokoko nach München. Als Kunstsammler hatte  er im Exil 101 Gemälde aufgekauft, davon alleine 12 Werke von Rubens, die heute den Grundstock der Alten Pinakothek  bilden. Die französischen Komödianten kosteten im Jahr 20. 000 Gulden, 1722 gab er für zwei Festopern 200.000 Gulden aus. Aufs Bauen verwendete er in 10 Jahren fast 8 Millionen.
 
Für Luxus in diesen Notzeiten so viel Geld auszugeben ist für uns völlig unverständlich, heute profitiert der Fremdenverkehr in der Kulturstadt München von den Bauwerken des endenden Barock und beginnenden Rokoko aus dieser Zeit von Zuccali, Effner, Asam, Fischer, Zimmermann und Günther.
 
Der Kurfürst erhoffte sich immer noch die Königskrone für seinen Sohn und suchte wieder in Wien anzuknüpfen. Zum Zeichen der Versöhnung mit den Habsburgern verheiratete er seinen Sohn Karl Albrecht mit der Kaisertochter Maria Amalia. Der von der österreichischen Besatzung geschundenen Bevölkerung sollte nach unserer heutigen Auffassung diese Nachricht wie blanker Hohn geklungen haben.
 
 

Kriegsende ohne Triumph

Der Hauptgewinner des 13 Jahre dauernden (1701 – 1714) Erbfolgekrieges war schließlich England. Das kontinentale Gleichgewicht ( balance of power) war wieder hergestellt. Die Summe der europäischen Festlandkräfte war nicht mehr stärker als die des Inselstaates selbst, obwohl Österreich und Preußen zu Großmächten aufgestiegen sind. Die Schlacht von Höchstädt 1704 ( genauer bei Blindheim), ist in den britischen Annalen als „Battle of Blenheim“ als  symbolisches Ereignis für die Nationalgeschichte vermerkt.
 
Am unglücklichsten war der Krieg für Bayern verlaufen.
Der Griff nach dem Weltreich Spanien blieb den Wittelsbachern versagt. Der Wechsel Max Emanuels vom Bruder und Nachbarn auf die Gegenseite war nicht unbedingt ein Denkfehler. Wäre Ludwig XIV. tatsächlich erfolgreich gewesen, wäre ein rheinisches Königreich mit einem Wittelsbacher auf dem Thron als Lohn für nur wohlwollende Neutralität gegenüber Frankreich sehr wahrscheinlich gewesen. Aber beide Versuche, in europäische Großmachtpolitik einzugreifen, scheiterten. Zur völligen wirtschaftlichen und menschlichen Ausbeutung  kam als „Demütigung und Strafe“ noch das Recht der Österreicher, das ganze Land Bayern gegen die spanischen Niederlande einzutauschen.
 
Kaum ein Ereignis der bayerischen Geschichte ist so im Gedächtnis geblieben wie der Aufstand und die brutale Niederschlagung. Über die Jahre hinweg reicht die die Bewertung von Glorifizierung bis hin zu kritischer Bewertung. Hubert Dorn fasst in seinem Buch „Die Schlacht von Sendling 1705“  zusammen, dass sich das Volk  aus patriotischen und wirtschaftlichen Gründen erhoben hatte.

 

Wenn heute in Wirtschaft und Politik Ungerechtigkeit oder kostspieliger Unfug zu verkraften, wird bei uns in Bayern immer  noch der Leitspruch der Aufständischen zitiert : „Lieber bayrisch sterben, als in des Kaisers Unfug verderben!“ 

Zuletzt aktualisiert am Freitag, den 24. September 2010 um 11:40 Uhr
 
Erfolgreiche Premiere
Die ausverkaufte Premiere und Uraufführung am 13. Januar war nicht nur ein voller Erfolg beim Publikum, auch die Presse ist begeistert.

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"... Unterdrückung, Verrat, Gemetzel und das zur Weihnachtszeit – es war schwere Kost, was Everding, Intendant Michl Wöllinger und die Ayinger Gmoa auf die Bühne brachten. Aber Dank origineller Inszenierung war es auch kurzweilig und durchaus bewegend. Das Ergebnis: viel Applaus  und Brave-Rufe für das Ensemble."

 
Unter freiem Himmel?
Keine Freilichtspiele im Januar!

Das ist neu: Theater "in-house". Keine Regenbekleidung in Reserve halten müssen. Weil das Thema einen Spieltermin im Winter – nahe an Weihnachten – geradezu fordert geben wir unsere bisherige Tradition auf und spielen im geschlossenen Raum.
Der Ort: Festsaal des Gasthofs zur Post "Fellner" in Großhelfendorf, Dorfstraße 14a.